Wenn wir von „dem Mittelalter“ sprechen, so ist meist das mitteleuropäische Mittelalter gemeint.
Dennoch ist der Begriff „Mittelalter“ als Kunstbegriff zu verstehen, denn DAS Mittelalter gab es so nicht.
Nach allgemeiner Lesart wird zwischen drei Epochen unterschieden im Zeitraum 500 – 1500 (n. Zeitenwende):
Das Mittelalter umfasst also ca. 1000 Jahre Menschheitsgeschichte, vom Ende der Spätantike bis zum Beginn der Renaissance. Die Übergänge der einz. Epochen fanden selbstverständlich fließend statt. Die Gelehrten des Mittelalters befanden die Menschheit für im aetas christiana lebend, dem christlichen Zeitalter. Der Begriff „Mittelalter“ wurde lt. Wikipedia erst im 14.Jh. durch italienische Humanisten verwendet.
Auch wenn mit dem Fall des römischen Reiches einiges Wissen verloren ging, hat doch jede Mittelalterepoche für neue Erkenntnisse gesorgt und uns wissenschaftlich und kulturell vorangebracht. So ist z.B. wenig bekannt, dass die Kurzschwerter der frühmittelalterlichen Sachsen, das sog. „Sax“ bereits aus mehrlagigem, qualitativ sehr gutem Schweißverbundstahl (heute bekannt als Damaszenerstahl oder auch Raffinierstahl, beides im übrigen unterschiedliche Stähle!) bestand. Der felltragende Barbar ist nur eine weitere Erfindung von Literatur und Hollywood…
Kunst, Handwerk und Herrschertum
Gerade im Hochmittelalter entstand Kunst, die die westeuropäische Kultur prägen sollte. Walther von der Vogelweides Lyrik z.B. ist noch heute vielen ein Begriff und die gotische Bauweise von Kathedralen und Kirchen zeugt vom hohen Verständnis von Mathematik und Materialkunde der zeitgenössischen Baumeister und Handwerker.
Hervorzuheben ist natürlich auch Kaiser Friedrich II., sein Beiname „Stupor Mundi“ – Das Staunen der Welt – entstand wohl durch seinen immensen Wissenshunger. Friedrich war ein außergewöhnlicher Herrscher aus dem Staufergeschlecht, der die erste Hälfte des 13.Jhdts prägte. Er verfasste ein als wissenschaftlich zu bezeichnendes Werk über die Falkenzucht, sprach mehrere Sprachen (es sollen sechs gewesen sein) war ein Förderer der schönen Künste und hatte – ungewöhnlich für seine Zeit – nur wenig Lust auf Kriege.
Klöster als Horte und Förderer von Wissen
Horte des Wissens waren über das gesamte Mittelalter die Klöster, in denen Mönche wie der Benediktiner Laienbruder Theopilus Presbyter (12.Jh) vorhandenes Wissen sammelten, verfeinerten, Neues entwickelten und für die Nachwelt in Wort und Bild bewahrten. Die mittelalterlichen Mönche waren also quasi die Nerds ihrer Zeit, die Klöster ihr Silicone Valley.
Alles in Allem war das Mittelalter nicht so dunkel wie oft von den Unterhaltungsmedien verbreitet und sicherlich auch nicht von ständigem exessivem Feiern geprägt, wie uns die „Mittelalter“-Märkte Glauben machen wollen.
Natürlich waren Kriege, Hungersnöte und grausame Todesstrafen Realität.
Genauso wie heute.
Sehr zu empfehlen ist auch der folgende Blogbeitrag von Stefan Sasse: Vier Irrtümer über das Mittelalter