Brot selbst zu backen war im mittelalterlichen Haushalt eine normale Tätigkeit, heute greift man doch eher zur Bäckerware oder – im schlimmsten Fall zum Fabrikbrot aus dem Supermarkt. Dabei ist frisches, selbstgebackenes Brot nicht nur lecker, es macht einen außerdem ein bischen stolz etwas zu Essen aus solch einfachen Zutaten hergestellt zu haben. Sauerteig ist zu unrecht als schwierig und unberechenbar verrufen. Wenn man einige wenige Dinge beachtet, gelingt auch ein eigenes Sauerteigbrot, wie man es bereits seit Jahrhunderten herstellt, problemlos:
Du benötigst dazu nur
- eine saubere Schüssel
- ca. 1,5kg Mehl
- etwas warmes Wasser
- Salz
Ansatz des Sauerteigs:
Nimm etwas Vollkornmehl (ob Weizen, Dinkel oder Roggen ist egal, wähle ein Mehl das Dir schmeckt) und mische es in einer Schüssel mit warmem Wasser, bis Du einen Brei mit der Konsistenz von Apfelmus hast. Stelle deinen Brei locker abgedeckt (z.B. mit einem Teller) an einen gleichmäßig erwärmten Ort, ein Badezimmer ist oft gut geeignet. Der Ort darf auf keinen Fall über 40°C warm sein, ansonsten sterben Deine Kulturen den Hitzetod! Auch Sauberkeit ist wichtig, wir wollen ja nur die „guten“ Hefen und Bakterien im Teig haben.
Am nächsten Tag mischt Du wieder eine Handvoll Mehl unter Deinen Brei und rührst solange warmes Wasser hinzu, bis Du wieder einen halbflüssigen Brei erhälst. So verfährst Du jeden Tag. Das Vollkornmehl enthält noch die Randschichten, in denen wiederum wilde Hefe- und Milchsäurebakteriensporen enthalten sind. Diese Mikroorganismen ernähren sich von den Mehlbestandteilen und geben dazu Enzyme ab, die wiederum für Geschmack und Bekömmlichkeit sorgen. Außerdem erzeugen sie Kohlendioxid, was unser Brot schön locker und luftig werden lässt, wenn der Teig aufgeht.
Am dritten oder vierten Tag sollte Dein Prä-Sauerteig leicht nach Apfel riechen, das ist ein gutes Zeichen! Beginnt er faulig zu riechen, scharf nach Methylalkohol oder setzt er gar Schimmel an, wird er wohl verdorben sein. Wirf alles weg, schrubbe Deine Gerätschaften gründlich mit heißem Wasser und beginne von neuem.
Meist geht aber alles gut und ein paar Tage später wird Dein Sauerteig so riechen wie er soll, nämlich sauer, in etwa wie Weizenbier. Er sollte jetzt auch schon einige Kohlendioxidblasen gebildet haben. Alles in allem ein gutes Zeichen dafür, dass sich nur die gewünschten Mikroorganismen vermehren!
Krümelsauer – Deine Sauerteigquelle für das nächste Mal
Bevor Du nun Brotteig daraus herstellst, nimmst Du Dir 1-2 Esslöffel Sauerteig ab und mischst sie mit soviel Mehl derselben Sorte, bis Du eine trockene, krümelige Masse erstellt hast. Das ist Dein Krümelsauer, der Rohstoff, dem Du beim nächsten Mal einfach etwas warmes Wasser untermischst und damit wieder einen neuen Sauerteig herstellst. Gib Deinen Krümelsauer in ein sauberes Glas, verschließe dieses und stelle es in den Kühlschrank. Durch die großzügige Beimengung von Mehl erzeugst Du Trockenheit, durch den Kühlschrank Kälte. Beides sorgt dafür, dass Hefe und Bakterien Sporen ausbilden und in einen Überdauerungszustand fallen, in dem Sie eine lange Zeit überleben können. D.h. Du musst Deinen Sauerteig nicht ständig warm und feucht halten und ernähren, sondern kannst Pausen zwischen dem Backen einlegen. Ein Krümelsauer hält mehrere Wochen bis Monate frisch. Um den Sauerteig zu reaktivieren, nimm ihn drei bis vier Tage bevor Du backen willst aus dem Kühschrank. Etwas handwarmes Wasser und eine kleine Menge Mehl – warmstellen nicht vergessen – und schon hast Du wieder einen Sauerteig.
Da Du jetzt eine funktionierende Kultur hast, kannst Du von Vollkornmehl als Sauerteigfutter, auf raffiniertes Mehl (bei Dinkelmehl z.B. 630er) umsteigen. Die Mikroorganismen können dieses leichter verarbeiten und der Sauerteig gelingt besser. Vollkornmehl, sofern Du es im Brot verarbeiten möchtest, kannst Du dann immer noch bei der Teigfertigung hinzugeben.
Übrigens:
Je älter Dein Sauerteig wird, desto besser und kräftiger wird er werden. Ich habe Sauerteige, die ich schon viele Jahre führe und die immer noch tolles Brot produzieren.
Mit dem Rest des Sauerteiges stellst Du nun Deinen Brotteig her:
Du nimmst dieselbe Menge Mehl (Sauerteig/Mehl 50:50), mischt etwas Salz (für ein Kilo Mehl etwa 4-5 Teelöffel) darunter und verknetest Mehl, Sauerteig und etwas Wasser zu einem geschmeidigen Teig. Benutze dieselbe Mehlsorte wie beim Sauerteig, bei einem Dinkelsauerteig nimmst Du Dinkelmehl, bei einem Roggensauerteig Roggenmehl usw. Ob Du für Dein Brot Raffiniermehl oder Vollkornmehl verwendest ist egal, nimm das Mehl was Dir am besten schmeckt. Ich selbst mische gerne:
- 50% Sauerteig aus 630er Dinkelmehl
- 25% 1050er Dinkelmehl
- 25% Dinkelvollkornmehl
Der Teig sollte am Schluß so fest sein, dass er nicht mehr auseinanderläuft und Du kein Fladenbrot erhälst. Magst Du Körner, Kräuter oder Zwiebeln im Brot, kannst Du Dir die Zutaten natürlich noch unterkneten.
Den Teig lässt Du nun, mit einem feuchten Tuch abgedeckt, an einem warmen Ort gehen, bis er in etwa die doppelte Größe erreicht hat. Das wird durchaus einige Stunden dauern. Bei älteren Sauerteigen geht das oft schneller als bei frischen, weil sie meist aktiver sind.
Der Backofen sollte ungefähr 45min auf 275°C, besser mehr, vorgeheizt werden. Wenn Du das Brot in den Ofen gibst, stellst Du die Temperatur auf 220°C herunter. Ein gutes Backzubehör ist übrigens ein sog. Brotbackstein, eine Platte aus Schamott. Diese sorgt für eine gleichmäßige und anhaltende Unterhitze. Nach 7-8min Backzeit solltest Du Dein Brot einschneiden, damit es nicht platzt. Nach ca. 50min Backzeit dürfte Dein Brot durchgebacken sein. Du erkennst das an der dunkleren Kruste und dass das Brot hohl klingt wenn Du dagegen klopfst.
Du lässt das Brot nun einige Stunden auf einem Gitter abkühlen, damit es bekömmlicher wird und Du es besser schneiden kannst.
Guten Appetit!